
Es klingt vielleicht etwas unlogisch, aber je häufiger Sie sich um andere kümmern, desto schlechter ist es um Ihren Selbstwert bestellt. Gerade beim Impostor-Syndrom sollten Sie viel öfter „Nein“ sagen.
Heute schon „Nein“ gesagt?
„Nein“ zu sagen ist grundsätzlich gar nicht so einfach. Schließlich sind wir ja als soziale Wesen erzogen worden und wollen auf keinen Fall egoistisch sein.
Gerade Menschen mit Impostor-Syndrom, die andere nicht enttäuschen und Erwartungen erfüllen wollen, neigen dazu, es allen recht zu machen – bis hin zur Selbstausbeutung.
Aber uns ist dabei oft gar nicht bewusst, was dieses Gut-sorgen-für-andere in uns selbst bewirken kann. Und wie schlecht es für unseren Selbstwert ist.
Was bin ich selbst mir wert?
Stellen Sie sich vor, Sie haben jeden Tag eine bestimmte Summe an Geld zur Verfügung. Diese können Sie nun für jemand anderen ausgeben oder auf Ihr eigenes Konto einzahlen.
Was denken Sie, wer wird am Ende mehr Geld besitzen, Sie oder der andere? – Logischerweise hängt das davon ab, wer das Geld bekommt. Wenn Sie es einem anderen geben, wird Ihr eigenes Konto leer bleiben und der andere wird reich. Wenn Sie dagegen das Geld auf Ihr Konto einzahlen, werden Sie reicher.
Mit dem Selbstwert ist es ähnlich: Auch dort haben Sie ein wichtiges Gut zur Verfügung, die Sie jeden Tag aufs Neue geliefert bekommen: Ihre Zeit. Diese können Sie für Ihre eigenen Bedürfnisse „ausgeben“ oder sie anderen widmen.
Wenn Sie immer nur Ihre Zeit für andere verwenden, wird Ihr eigenes Selbstwert-Konto leer bleiben. Denn schließlich sind die Bedürfnisse der anderen – zumindest in Ihren Augen – mehr wert.

Selbstwert ist der Wert, den wir uns und unseren Bedürfnissen beimessen
Natürlich hinkt das Beispiel etwas. Denn es gibt ja auch Dinge, die sowohl Ihnen als auch dem anderen guttun und somit beide bereichern. Aber der Einfachheit halber sei gesagt, dass Sie sich nicht wertvoll fühlen können, wenn Sie den Wert der anderen IMMER höher einschätzen als Ihren eigenen Wert.
Wie beim Geld können sich dabei auch Kleinigkeiten aufsummieren. Jemanden einmal einen Gefallen erweisen ist schön und fühlt sich gut an. Genau so, wie Sie ja auch Ihr Geld nicht einfach nur auf ein Sparkonto einzahlen, sondern damit dem anderen ab und zu auch ein Geschenk machen oder ihn finanziell unterstützen, ohne gleich pleite zu gehen.
Aber wenn Sie nur noch Ihre ganze Zeit anderen widmen und nicht sich selbst, wird Ihr Selbstwert-Konto leer bleiben. Es ist eine Frage des Verhältnisses.
Die Angst, ein Egoist zu sein
Vielleicht haben Sie schon beim Lesen einen inneren Widerstand verspürt und finden meine Haltung doof. Immer nur nach sich selbst zu schauen, ist doch egoistisch!
Da haben Sie recht. Und ich verlange auch nicht, dass Sie ab sofort NUR noch Ihre Bedürfnisse im Auge behalten. Wenn Sie aber – sagen wir mal, jedes zweite oder dritte Mal – auf Ihr eigenes Bedürfnis hören und dann auch mal eine Bitte ablehnen, sind Sie dadurch noch lange nicht egoistisch. Sondern haben eine gesunde Beziehung zu sich und Ihrem Selbstwert.
Wenn Sie nie auf Ihr eigenes Konto einzahlen, ist irgendwann das Geld alle und Sie müssten sich verschulden, um anderen weiter zu helfen.
Wenn Sie nie nach Ihren Bedürfnissen schauen, landen Sie irgendwann in einem Zustand, wo Sie selbst nicht mehr die Energie und die psychische Stabilität haben, um anderen zu helfen.
Bei einem Auto können Sie ja auch nur dann Starthilfe geben, wenn Ihre eigene Batterie ausreichend voll ist.
Daher: Sorgen Sie für sich genau so gut wie für die anderen.
Wenn Sie diesen Satz berücksichtigen, sind Sie weit davon entfernt, egoistisch zu sein.
Wie sieht es mit Ihrem Selbstwert aus?
Ich habe einen einfachen und schnell durchzuführenden Trick, um herauszufinden, ob Sie eher auf Ihr Selbstwert-Konto einzahlen, oder ständig nur davon Summen abheben:
Führen Sie einen kleinen Zettel und einen Stift mit sich. Durch einen Längsstrich unterteilen Sie den Zetteln in zwei Spalten. Über die rechte Spalte, schreiben Sie „Ich“ über die linke Spalte schreiben Sie „Andere“.
Jedes Mal, wenn Sie heute etwas für andere tun, obwohl Sie darauf keine Lust hatten oder eigentlich etwas anderes vorhatten, machen Sie einen Strich in der linken Spalte. Immer, wenn Sie stattdessen „Nein“ sagen oder Ihr eigenes Bedürfnis wichtiger nehmen, dürfen Sie einen Strich in die rechte Spalte setzen.
Am Ende des Tages haben Sie so einen guten Überblick, ob Sie Ihr Selbstwert-Konto eher gefüllt oder geleert haben. Am besten ist es, wenn Sie auf eine nahezu ausgeglichene Bilanz blicken, bei der in beiden Spalten Striche zu finden sind, die „Ich-Spalte“ aber leicht überwiegt.

Einige Tipps, um besser „Nein“ zu sagen
Tipp Nr. 1: Erbitten Sie Bedenkzeit
Wir sind so darauf trainiert, einer Bitte Folge zu leisten, dass wir ganz oft spontan zusagen und es später bereuen. Wenn Sie aber erst einmal „Ja“ gesagt haben, wird es viel schwieriger, die Zusage wieder zurückzunehmen.
Gewöhnen Sie sich daher an, erst einmal darüber nachzudenken, ganz egal, wie unbedeutend die Bitte ist. Zum Beispiel durch folgenden Satz: „Ich muss erst einmal meinen Terminkalender checken und gebe dir morgen Bescheid“.
So haben Sie die Möglichkeit, in Ruhe darüber nachzudenken, was Sie wirklich wollen.
Tipp Nr. 2: Finden Sie heraus, was Sie erwartet
Klären Sie als nächstes, ob Sie alle nötigen Informationen haben, um eine Entscheidung treffen zu können:
- Was genau wird von mir erwartet?
- Wann soll das Ganze stattfinden?
- Wie groß ist der Zeitaufwand?
Nur wenn Sie wissen, was auf Sie zukommt, können Sie richtig entschieden. Ansonsten fragen Sie noch einmal nach und erbitten zusätzliche Informationen.
Tipp Nr. 3: Entscheiden Sie in Ruhe
Prüfen Sie: Was spricht für ein Ja, was für ein Nein?
Für ein Ja sprechen zum Beispiel folgende Voraussetzungen
- Ein Nein würde negative Konsequenzen nach sich ziehen (zum Beispiel wenn Sie einen Auftrag des Chefs ablehnen würden)
- Sie haben vom „Bittsteller“ schon öfters Unterstützung bekommen und können ihm nun durch eine Zusage wieder etwas zurückgeben. Die Bitte muss dazu aber angemessen sein (um einen 1000 € Kredit zu bitten wenn man dreimal mit 5 € ausgeholfen hat, wäre zum Beispiel nicht angemessen.)
- Eine Zusage würde Ihnen neue Chancen eröffnen, der einzige Grund für ein „Nein“ ist, dass Sie Angst haben. Angst ist selten ein guter Ratgeber!
- Die Bitte macht Ihnen ebenfalls Freude, Sie profitieren also beide davon.
Für ein Nein sprechen dagegen folgende Gründe
- Sie haben gerade keine Zeit oder Energie zur Verfügung.
- Eigentlich haben Sie etwas anderes vor, das Ihnen sehr wichtig ist oder Ihnen gut tun würde, und worauf Sie dann verzichten müssten
- Ihr Bauchgefühl signalisiert Ihnen ganz klar ein Nein. (Achtung: Wenn es nur Angst sein sollte, dann siehe oben)
Tipp Nr. 4: Sagen Sie zeitnah und unmissverständlich ab
Wenn Sie sich für ein Nein entschieden haben, teilen Sie dies möglichst bald mit. Sollte Ihre Bekanntschaft eher geschäftlich sein, so vermeiden Sie dabei lange Erklärungen. Oft interpretiert das Gegenüber nämlich eine Erklärung als Rechtfertigung oder als Diskussionsgrundlage und beginnt dann, zu argumentieren, dass Sie doch dies oder jenes tun könnten. Es fällt Ihnen dann schwerer, bei einem Nein zu bleiben.
Wenn Sie dagegen mit dem Bittsteller befreundet sind, können Sie dagegen durchaus über Ihre Gefühle sprechen und darauf vertrauen, dass der andere Sie versteht und Ihre Beweggründe nachvollziehen kann.
Bieten Sie eventuell einen Kompromiss an, falls Sie sich mit einem klaren Nein nicht gut fühlen. Ein Kompromiss ist immer noch besser als ein komplettes „Ja“.
Tipp Nr. 5: Lassen Sie sich durch die Reaktion der anderen nicht verunsichern
Es kann durchaus sein, dass Ihr Gegenüber enttäuscht ist. Das ist sein gutes Recht und nachvollziehbar. Schließlich muss er sich ja erst einmal daran gewöhnen, dass sie ab sofort das Wörtchen „Nein“ in Ihrem Vokabular haben.
Geben Sie ihm also ruhig Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen, aber schwenken Sie nicht bei der ersten Enttäuschung sofort wieder um. Sonst bestätigen Sie dem anderen nur, dass Sie klein beigeben.
Und machen Sie sich immer wieder bewusst: Ein „Nein“ für andere ist ein „Ja“ für sich und Ihren Selbstwert!
Wenn Sie noch mehr Unterstützung zur Stärkung Ihres Selbstwerts brauchen: Ich helfe Ihnen gerne. Mit meinem Coaching lernen Sie, sich und Ihre Bedürfnisse wichtiger zu nehmen und für sich einzustehen. Hier können Sie sich für ein Kennenlerngespräch anmelden.
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